Klinisch finden sich eine Hypertrophie (Riesenwuchs) einer oder mehrerer Extremitäten, Hämangiome (Blutschwamm) und Naevus flammeus (Feuermale) und Fehlbildungen der Venen z.B. Krampfadern. Das Erscheinungsbild kann bei Geburt sehr milde sein und sich erst mit dem Wachstum verschlechtern. Deformationen der Extremität bzw. der Finger und Zehen können ebenfalls vorliegen.
Die französischen Ärzte Maurice Klippel (1858 – 1942) sowie Paul Trenaunay (geb. 1875) beschrieben ein auffälliges Krankheitsbild bei dem die Betroffenen einen einseitigen Riesenwuchs einer Extremität aufwiesen. An dieser Extremität war eine vermehrte Krampfaderbildung (Varikosis) und zusätzlich meistens sogenannte Blutschwämme vorhanden. Solche Blutschwämme sind Gefäßerweiterungen in der Haut, die man medizinisch auch als Teleangiektasien bezeichnet. Ausgehend von eigenen Beobachtungen und ausführlichen Analysen früherer Fallbeschreibungen erwähnten sie als weitere klinische Zeichen das Vorkommen trophischer Störungen der Haut, atypischer Behaarungen, einer veränderten Schweißsekretion und einer erhöhten Temperatur der Haut. Diese Krankheitsbild ging in die Literatur als Klippel-Trenaunay-Syndrom ein. Der Begriff Klippel-Trenaunay-Syndrom sollte heute jedoch nicht mehr verwendet werden. Man sollte heute allgemein von einer Angiodysplasie sprechen und dabei die Gefäßveränderung benennen. So könnte die Diagnose heute auch heißen: Angiodysplasie von überwiegend venös-kavernösen Typ mit Hypertrophie des linken Beins.
Ursächlich handelte es sich bei dieser Fehlbildung um eine Störung der Gefäßentwicklung in den ersten Schwangerschaftswochen. Die Abgrenzung des Klippel-Trenaunay-Syndroms zu anderen Gefäßfehlbildungen ist fließend. Es gibt auch andere Veränderungen der Extremitäten mit Riesenwuchs, Varizenbildung und Naevus flammeus, die zusätzlich eine Störung des tiefen Venensystems haben oder die zusätzlich arteriovenöse-Fisteln haben.
Die Ursache des Riesenwuchses ist nicht eindeutig geklärt. Ob der Riesenwuchs Folge der vermehrten Gefäßbildung der Extremität ist oder eine andere Ursache hat, bleibt bis heute unklar. Es gibt auch Formen des Klippel-Trenaunay-Syndroms, die nicht mit einem Riesenwuchs, sondern mit einem Minderwuchs der Extremität einhergeht.
Abhängig von der Ausprägung ist das Klippel-Trenaunay-Syndrom direkt bei der Geburt der Kinder diagnostizierbar. Wenn bereits in der Schwangerschaft eine Auffälligkeit im Ultraschall mit Riesenwuchs und vermehrter Gefäßperfusion besteht, kann die Diagnose schon frühzeitig gestellt werden. Inkomplette Formen, vor allen ohne Naevus flammeus, führen erst im Verlauf der weiteren Entwicklung der Kinder zu einem vermehrten Wachstum der Extremität. Diese Kinder werden insbesondere auffällig, wenn sie laufen lernen oder wenn während der Pubertät das Wachstum zur vermehrten hydrostatischen Belastung mit Ödem- und Varizenbildung führt.
Um das vollständige Ausmaß der Fehlbildung der Gefäße zu erkennen, müssen alle Gefäße untersucht werden. Daher setzt sich die Gesamtdiagnostik aus folgenden Untersuchungen zusammen.
Diagnostik | |
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Arterien | Ultraschall, Angiographie, Druckmessung |
Venen | Ultraschall, Phlebographie, Lichtreflexrheographie, Verschlussplethysmographie |
Lymphgefäße | Lymphszintzigraphie, direkte Lymphographie |
Weichteile / Knochen | Computertomographie, Kernspintomographie, Röntgenaufnahme |
Bei der Therapie der Klippel-Trenaunay-Syndroms sind verschiedene Aspekte zu beachten. Da es sich häufig um komplexe Gefäßfehlbildungen handelt, die eine ganze Extremität oder mehr betreffen, ist eine Heilung nicht zu erreichen. Die Gefäße können alle Gewebestrukturen wie Muskel, Knochen, Sehnen, Fettgewebe und Haut durchziehen. Eine vollständige Herstellung einer normalen Gefäßversorgung mit all ihren feinen Aufzweigungen ist nicht möglich.
Operative Maßnahme bestehen meistens darin, die Anteile des Gefäßsystems, die zuviel angelegt sind, zu entfernen. So können Krampfadern oder größere Hämangiome entfernt werden. Auch das Längenwachstum einer Extremität kann operativ beeinflusst werden. Mit Kathetermaßnahmen können einzelne Gefäße aufgesucht und verschlossen werden. Eine zuviel oder zu groß angelegte Arterie oder Vene kann durch Einspritzen von flüssigem Kunststoff oder kleinen künstlichen Stopfen gezielt ausgeschaltet werden. Venen, die in der Haut oder im subkutanen Fettgewebe verlaufen, können durch Einspritzen einer zellschädigenden Substanz verklebt werden. Eine Vielzahl von Lasern steht zur Verfügung, um oberflächliche aber auch tiefergelegene Gefäße zu verschließen. Mit physikalischen Maßnahmen wie Krankengymnastik oder Lymphdrainage kann die Beweglichkeit eines Gelenkes oder einer ganzen Extremität gebessert oder wiederhergestellt werden.
Mit Hilfsmitteln wie einer Absatzerhöhung oder einem Kompressionsstrumpf kann versucht werden, die Lebensqualität zu verbessern. Die Absatzerhöhung an einem verkürzten Bein beugt einem Beckenschiefstand mit nachfolgender Wirbelsäulenverkrümmung vor und verbessert das Gangbild. Ein Kompressionsstrumpf oder -ärmel verhindert eine Schwellung und damit eine Gewebeschädigung.
Mittels Psychotherapie kann versucht werden, das Selbstwertgefühl der Patienten zu steigern und ihnen aus einer Isolation zu helfen.
Welche Therapiemaßnahme im Einzelfall angezeigt ist und wann diese Maßnahme durchgeführt werden sollte, kann nur individuell festgelegt werden. Die Entscheidung sollte nicht von einem Arzt allein gestellt werden, sondern von einem Team bestehend aus Ärzten verschiedener Fachrichtungen wie z.B.
Viele Patienten befürchten Blutungen aus ihren veränderten Gefäßen oder Hämangiomen. Solche Blutungen treten bei Kindern nur traumatisch auf. Dabei muss es sich nicht um harte Verletzungen handeln. Es reicht schon das dauerhafte Scheuern des Kleidung. Bei älteren Patienten können stark erweiterte Gefäße, die nur durch eine dünne Haut bedeckt sind, auch spontan bluten. Die wichtigste Maßnahme um solche Blutungen zu stoppen, besteht in einem leichten Druckverband. Bei häufiger auftretenden Blutungen kann eine chirurgische Behandlung oder eine Lasertherapie sinnvoll sein.
Bei Patienten bei denen die Veränderung bis auf das Gesäß oder den Unterbauch reichen können auch Gefäßveränderungen an der Darm- und an der Blasenschleimhaut vorhanden sein, ohne dass der Patienten Beschwerden hat. Spontane Blutungen aus solchen Veränderungen sind ebenfalls möglich und müssen durch eine gezielte Untersuchung abgeklärt werden.
Thrombosen sind Blutgerinnsel, die in Gefäßen auftreten. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Am häufigsten treten Thrombosen durch lokale Traumen, zu langsam fließendes Blut oder Änderungen der Blutzusammensetzung auf. Langsam fließendes Blut kann in erweiterten Venen auftreten oder durch langes Sitzen oder Liegen verursacht werden. Die Blutzusammensetzung wird davon beeinflusst wie viel ein Mensch an Flüssigkeit verliert. Starkes Schwitzen, Durchfall und mangelndes Trinken führt zur Verdickung des Blutes. Die Einnahme eines Hormonpräparates zur Verhütung verändert ebenfalls die Zusammensetzung des Blutes.
Eine Thrombose führt zur Schwellung der Extremität und verursacht Schmerzen. Die Diagnose wird durch Ultraschall gestellt. Die Behandlung besteht aus einer Kompression und einer medikamentösen Blutverdünnung, die für mehrere Monate fortgeführt werden muss. Thrombosen können mehrfach auftreten und Thrombosen können sich lösen und eine Lungenembolie verursachen. Daher muss der Patient immer über sein individuelles Risiko eine neue Thrombose zu erleiden aufgeklärt werden.
Auf Grund der vermehrten Blutfülle der veränderten Extremität schwitzt die Extremität vermehrt. Dies wird von manchen Patienten als unangenehm empfunden. Am Fuß kann der Patient sich durch einen vermehrten Schweißgeruch belästigt fühlen.
Therapeutisch können aluminiumhaltige Präparate oder eine Iontophorese versucht werden
Aluminiumhaltige Cremes: Creme oder Lösung wird auf die betroffenen Körperteile aufgetragen. Je nach Körperteil ist eine 10- bzw. 20-prozentige Lösung am wirkungsvollsten. Die Salze des Aluminiums reagieren mit den Stoffen im Schweiß und bilden kleine Klümpchen, die die Schweißdrüsenöffnungen in der Haut verschließen. Die Anwendung sollte anfangs täglich, später zwei bis drei mal pro Woche erfolgen. Bei einigen Patienten führen die Cremes zu Hautirritationen. Für Hände und Füße ist diese Methode nur bedingt einsetzbar, da die Lotion schnell abgerieben wird. Diese Cremes können Textilien schädigen und Flecken hinterlassen, die nicht mehr zu entfernen sind. Kann auf Kassenrezept verschrieben werden und wird erstattet.
Iontophorese: Hier wird ein schwacher Strom durch ein Wasserbad geleitet, in das Hände und Füße getaucht werden. Die Dauer beträgt ca. 15-20 Minuten je betroffenem Körperteil. Dies ist für die Achselhöhlen nur bedingt sinnvoll – hier kann man zwar Schwämmchen einsetzen, durch die der Strom geleitet wird, ist aber als Methode für die Achselhöhlen oft nicht ausreichend. Zu Beginn sollt die Therapie drei bis vier Mal die Woche, später ein bis zwei Mal erfolgen. Nachteilig ist, dass die Therapie recht zeitaufwendig ist. Die Wirkung lässt innerhalb von sieben Tagen nach, wenn man mit dem Baden aussetzt. Hautreizungen sind möglich. Bei etwa 30 Prozent der Patienten ist die Iontophorese nicht wirksam. Die Kasse zahlt in der Regel die Anschaffung des Heimgerätes von ca. 500 Euro.
Vielen Patienten klagen über Schmerzen in der betroffenen Extremität, deren Ursache häufig ungeklärt ist. Man kann annehmen, dass die Gefäßveränderungen selber keine Schmerzen machen. Die Schmerzen entstehen vermutlich durch Stauung des Blutes und den dadurch entstehenden Druck auf begleitende Strukturen wie Nerven, Muskeln oder Gelenkkapseln. Die Blutfülle in den angiodysplastischen Gefäßen ändert sich mit der Beinhaltung, der Bewegung, der Umgebungstemperatur und dem Hormonzyklus. Da sich die Muskulatur mit der Pubertät zunehmend entwickelt und das Bindegewebe beim Erwachsenwerden zäher wird, klagen viele Betroffene erst mit zunehmendem Alter über Schmerzen.
Die Therapie der Schmerzen ist schwierig. Die Verordnung von Schmerzmitteln kann hilfreich sein. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen kann damit jedoch eine Medikamentenabhängigkeit begünstigt werden. Die Schmerztherapie sollte immer in Verbindung mit Schmerztherapeuten erfolgen und es sollte über die Therapie Buch geführt werden. Nur so lassen sich Veränderungen über die Zeit verfolgen und das Problem der Abhängigkeit kontrollieren. In manchen Fällen hilft auch eine Gerinnungshemmung mit Heparin oder Marcumar. Beide Medikamente verdünnen das Blut und reduzieren vermutlich die Stauung in den Gefäßen. Weitere Erklärungen sind denkbar aber noch nicht erforscht.
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